Gesmolder Revolution – Freiheit fließt nicht von selbst
Seit dem 16. Jahrhundert wurde hier am Wasser gezerrt, gestritten und geschachert. Für die Schlossmühle sollte mehr fließen – zum Nachteil der Krusemühle und der Stadt Osnabrück. Was mit Holzrinnen und Umleitungen begann, wurde zu einem Kampf um Lebensgrundlage, Wirtschaftsmacht und Kontrolle.
Zeitstrahl – Der lange Kampf ums Wasser
1540
Die Familie von Amelunxen übernimmt Schloss Gesmold und beginnt mit der Umleitung des Wassers.
1578
Stadt Osnabrück beschwert sich offiziell – ihre Wassergräben trocknen aus.
1608–1670
Mühlen werden modernisiert, Wasserumleitungen perfektioniert. Der Konflikt weitet sich aus.
1691
Regierung in Hannover schreitet ein – der erste Versuch, das Wasserverhältnis auf 2/3 Hase, 1/3 Else festzulegen.
1788
Eine neue Kommission bestätigt das Teilungsverhältnis.
1794
Die Bauern sagen: Jetzt reicht’s!
Das ist die Gesmolder Revolution.

Wenn du schon mal hier stehst – mitten auf der Linie, wo sich das Wasser in zwei Richtungen verabschiedet – dann halte diesen Moment fest. Mach ein Selfie über der Teilung – und teile es mit uns! Verlinke uns oder nutze den QR-Code am Schild, um dein Bild hochzuladen. Auch wenn dieser Moment dir allein gehört – wir freuen uns, wenn du ihn mit uns teilst.
Was dann kam, liest sich wie in einem Film
Der Krusemüller sitzt nach einem handfesten Streit mit einem Bediensteten des Schlossherrn im Turm – acht Tage, bei Wasser und Brot. Der Vorwurf: eine Schlägerei. Das Urteil: hart. Die Justiz? Vom Schlossherrn selbst organisiert. Und die Müllerin? Kämpft. Sie bittet, fleht, reist nach Osnabrück zur Kanzlei. Dort befiehlt man, ihren Mann freizulassen. Doch der Schlossherr lacht nur: » Der Schlüssel ist zu klein. « Und lässt den Befehl unbeachtet.
Was nun folgt, ist kein Märchen – sondern ein Moment echter Revolte.
1794 – nur fünf Jahre nach der Französischen Revolution – bricht auch in Gesmold ein Feuer aus: das Feuer der Freiheit. Der Ruf nach Gleichheit, nach Gerechtigkeit, nach Selbstbestimmung erreicht auch den Grönegau. Besonders unter den eigenhörigen Bauern, die seit Jahrhunderten unter Frondienst und Abgaben litten, sammelte sich Wut. Die Zeit war reif – es reichte!
Die Müllerin, entschlossen und klarsichtig, suchte Hilfe beim Bauern Ostenfeld aus Himbergen. Ein Mann mit Respekt in der Region – klug, ruhig, aber bereit zu handeln. Die beiden planten: Wenn niemand den Müller freilässt, dann holen wir ihn eben selbst raus!
» Wenn Gottes Wort gilt, muss man seinem Mitmenschen helfen. «
– mit diesen Worten ruft Ostenfeld zum Aufstand.
Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Flinten werden geölt, Hacken geschultert, Kugeln gegossen. Sonntag, der 31. August 1794: Der Plan steht. Über Nacht zieht eine wachsende Menge los – still, organisiert, bewaffnet. Eine Kindstauffeier, Gottesdienste – überall flüstert man nur noch von einem: » Heute Nacht holen wir ihn raus. «

Und sie tun es.
Am frühen Morgen des 1. September stehen Hunderte Bauern, Knechte und Heuerleute mit Äxten, Gabeln, Gewehren und Mistgabeln am Schloss. Einige vermummt. Einige mit Branntwein. Sie stürmen das Tor. Ein alter Soldat kennt die Wege im Schloss. Die Wachen werden überwältigt. Der Krusemüller wird befreit. Der Turm, in dem er saß, wird Stein für Stein niedergerissen. Und die Menschen? Jubeln. Brüllen. Tanzen.
Doch das war erst der Anfang.

Forderungen, Spott – und Branntwein
Die Wut saß tief. Man forderte Entschädigungen, Abschaffung der Auflagen, Freibriefe. Einer verlangte gar ein viertes Pferd, weil er den Spanndienst mit drei nicht leisten konnte. Der Rentmeister wurde aufgestöbert, verspottet und musste vor versammelter Menge seine Schreiben verlesen. Andere holten sich Geld zurück, das ihnen zu viel abverlangt wurde – 100 Thaler bar, 300 per Schuldschein. Und dann: Branntwein für alle.
Doch nicht alle trieben es wild: Ostenfeld und Sundermeyer betonten, es ginge allein um die Befreiung des Müllers – nicht um Zerstörung. Sie hielten sich aus den Spottreden heraus.
Am Ende dieses Tages war der Tumult getan. Der Mut verebbte, das Dorf atmete aus. Doch die Kanzlei in Osnabrück nicht.
Der Zug nach Osnabrück – 1000 gegen das „Recht“
Vier Tage später – am 4. September 1794 – folgt die nächste Szene des Dramas: Die Anführer werden zur Verhandlung vorgeladen. Doch sie kommen nicht allein. Mit ihnen erscheinen 1000 Menschen: Bauern, Knechte, Frauen – aus allen umliegenden Dörfern. Mit gutem Stock und schlechtem Rock. Die Stadtregierung gerät in Panik – sie haben keine Mittel, die Menschenmenge aufzuhalten.
Ein kurzer Triumph. Doch nur Tage später schlägt die Obrigkeit zurück.

Und die Freiheit?
Die Anführer werden verhaftet, eingesperrt. Einige erhalten Haftstrafen – bis zu drei Jahre. Gnadenersuche verkürzen sie. Doch die Botschaft der Regierung ist klar: » Fügt euch. Sucht euer Recht nur bei uns.“
Per kaiserlichem Erlass lässt man verkünden: Wer sich widersetzt, wird hart bestraft. Die Gesmolder Revolution war damit vorerst beendet.
Was bleibt?
Ein Denkmal mutiger Menschen, die sich nicht länger unterdrücken lassen wollten. Die ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen. Und die hier, an dieser Stelle, gezeigt haben: Teilen ist nicht nur eine Frage des Wassers – sondern auch eine Frage der Macht.
ab 1800
Die industrielle Entwicklung schwächt die Bedeutung der Wassermühlen. Der Streit ebbt langsam ab.
ab 2000
Die Bifurkation wird Umweltbildungsstandort – das Wasser wird nun geteilt: zum Lernen, Staunen und Schützen.
Was bedeutet teilen heute?
Früher hieß » teilen « : Wer bekommt mehr Wasser?
Heute heißt » teilen « : Wissen teilen. Verantwortung teilen. Erfahrungen teilen.
Und du? Würdest du dich entscheiden wie ein Schlossherr? Oder wie ein Freiheitskämpfer?